Für eine Zahnklammer im Erwachsenenalter ist es nie zu spät: Zahnfehlstellungen (Kieferorthopädische Krankheitsbilder) lassen sich ein Leben lang korrigieren. Die meisten Patienten wünschen sich eine verbesserte Ästhetik, aber oft sprechen auch medizinische Gründe dafür.
Zähne sind keine starren Gebilde, die mit Abschluss der Wachstumsphase unverrückbar im Kiefer sitzen. Zeit ihres Lebens können sie auf Wanderschaft gehen. Das ist einerseits schlecht, weil sich dadurch in späteren Lebensjahren ungünstige Zahnsituationen ergeben können. Andererseits ist die Flexibilität der Zähne auch positiv:
Unerwünschte Zahnstellungen lassen sich in jedem Alter durch eine kieferorthopädische Behandlung korrigieren.
Zahnspangen bei Erwachsenen sind mittlerweile alles andere als ungewöhnlich und haben sich als Trend durchgesetzt. Inzwischen macht der Anteil der reiferen Generation in den kieferorthopädischen Praxen mehr als 20 Prozent aus. Das Durchschnittsalter liegt heute zwischen 35 bis 50 Jahren.
Sogar über 70-Jährige finden sich darunter, wenn sie auch eher die Ausnahme sind. Am häufigsten kommen die erwachsenen Patienten, weil schiefe, lückige oder vorstehende Zähne das ästhetische Erscheinungsbild stören – teilweise so sehr, dass das Lachen schwer fällt.
Zur Korrektur von Zahnfehlstellungen bei Erwachsenen braucht es meist eine festsitzende Spange. Mit ihr kann ein Zahn samt Zahnwurzel relativ gezielt und effektiv in alle Richtungen bewegt werden. Festsitzende Zahnspangen arbeiten vom Prinzip her über Drahtbögen, die Druck- wie Zugkräfte ausüben und die Zähne in die gewünschte Richtung bewegen.
Die Drahtbögen sind fest über Halteplättchen – die Brackets – am Zahn fixiert. Sie übertragen letztendlich die Kraft auf die Zähne. Bei Erwachsenen sind die Drähte grundsätzlich feiner als bei Jugendlichen, da in der Behandlung vorsichtiger und mit weniger Krafteinsatz gearbeitet wird.
Zur Stellungskorrektur stehen verschiedene Brackettypen zur Auswahl, die sich in Material, Größe und Befestigungssystem unterscheiden. Die Klassiker unter ihnen sind Metallbrackets aus Edelstahl. Bei den Minibrackets sind die Befestigungselemente deutlich kleiner und sie sind unauffälliger als die herkömmliche Variante. Auch sind sie flacher und dadurch angenehmer zu tragen, zudem fällt die Zahnreinigung leichter. Unterschiede gibt es auch bei den Drähten. Die Hochelastischen üben einen sanfteren Druck aus und minimieren das Risiko von Schädigungen an Zahnwurzel und -fasern.
Alle Metallbrackets haben den Nachteil, dass sie beim Sprechen und Lachen im Mund hervorblitzen. Wer es gerne dezenter mag, für den sind unauffällige zahnfarbene Keramikbrackets eine gute Alternative. Praktisch durchsichtig erscheinen Kunststoffbrackets, die sich aufgrund ihrer geringen Härte für aufwändigere Zahnbewegungen aber nicht eignen.
Eine weitere Behandlungsalternative sind dünne, nahezu unsichtbare Kunststoffschienen. Vor Behandlungsbeginn werden sie individuell für den Patienten angefertigt und zirka alle zwei Wochen gegen eine neue ausgetauscht.
Am elegantesten ist wohl die Methode, die Brackets komplett auf der Zahninnenseite verschwinden zu lassen. Anfängliche Gewöhnungsschwierigkeiten, etwa durch Zungenirritationen, fallen heute deutlich milder aus. Die Lingualtechnik (lingual = zur Zunge hin) hat sich weiterentwickelt, die Brackets sind graziler und flacher geworden.
Diese Animation zeigt den Prozess der Zahnverschiebung mit durchsichtigen herausnehmbaren Schienen, ohne Klammern und sperrigen Vorrichtungen.
Kieferorthopädische Behandlungen gewinnen auch zunehmend eine Bedeutung zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Kaufunktion. Die Anzahl Erwachsener, die Fehlfunktionen behandeln lassen, steigt deutlich.
Sie beobachtet zudem, dass das Verständnis von den biologischen Möglichkeiten der Zahnmedizin zugenommen hat. Auch ist das Wissen über die Zusammenhänge von etwa Kieferfehlbelastungen und einem falschen Biss, der zu Störungen am ganzen Körper führen kann, gewachsen.
Empfehlenswert ist eine kieferorthopädische Behandlung zum Beispiel bei Beschwerden am Kiefergelenk, etwa durch einen falschen Zusammenbiss von Ober- und Unterkiefer (siehe Funktionsdiagnostik) . Ebenso kann die Kieferorthopädie als Vorbehandlung bei der Versorgung mit Zahnersatz helfen etwa vor dem Setzen von Implantaten.
Zähne lassen sich auch ins Zahnfach hinein- oder hinausschieben, um das Wachstum von Knochengewebe anzuregen – so findet ein Implantat mehr Halt. Hierbei nutzt man die Zellbiologie, denn die Knochenzellen wachsen dem verschobenen Zahn hinterher.
Insgesamt sind die Möglichkeiten der kieferorthopädischen Korrektur für Erwachsene groß und die Behandlung dauert nur wenig länger als die Jugendlicher.