Fehlbildungen

Bei Spaltpatienten unterscheidet man folgende Gebissanomalien und Dysgnathien: 

Spaltbedingte Anomalien:

  • Asymmetrische Schwenkungen der Alveolarfortsätze mit Abweichung der Spaltstümpfe nach außen oder innen.
  • Zahnstellungsanomalien (Torsion, Kippung, Hochstand).
  • Dysplasien einzelner Zähne (Verdoppelung des seitlichen Schneidezahnes).
  • Wachstumshemmung im Frontzahnbereich bei fehlendem Kontakt der Spaltstümpfe .
  • Spaltbedingte Expansion im Seitenzahnbereich.
  • Bei doppelseitigen Spalten Dislokation des Zwischenkiefers nach vorn und Engstand der seitlichen Oberkieferteile.

Operationsbedingte Anomalien:

  • Im Milchgebiss: Kreuzbiss der Eckzahngegend, Hochstand der spaltnahen Zähne.
  • Im Wechselgebiss: Frontaler Engstand, Kreuzbiss, maxilläre Retrognathie mit transversaler Einengung des Oberkiefers.
  • Hat die Zunge in einem eingeengten Gaumengewölbe nicht genügend Platz, so sinkt sie herunter und vermittelt dem Unterkiefer verstärkte Wachstumsimpulse, so dass noch eine mandibuläre Prognathie hinzukommen kann.

Autonome Anomalien können spalt- und operationsbedingte Anomalien überlagern.

Präoperative kieferorthopädische Behandlung

In den 50er Jahren begann McNeil bei doppelseitigen Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten durch kieferorthopädische Maßnahmen den vorspringenden Zwischenkiefer zurückzubringen und die kollabierten Oberkieferseitenteile aufzudehnen.

Das Verfahren wurde später in modifizierter Form bei doppelseitigen und auch bei einigen einseitigen Spalten angewandt. Dabei kam es hauptsächlich auf die Aufdehnung der Oberkieferseitenteile als auf die Rückverlagerung des Zwischenkiefers an, der in der Regel nach dem Lippenverschluss allein durch den Muskeldruck der Lippe in den Zahnbogen eingeordnet wird.

Ein anderes Verfahren wurde von Hotz entwickelt. Dabei wird die erhöhte Wachstumspotenz des Säuglingsalters ausgenutzt. Durch Hohllegen von Plattenabschnitten kann eine Knochenapposition induziert werden. Auf diese Weise kann der Kieferbogen optimal ausgeformt werden.

Die präoperative kieferorthopädische Behandlung sollte in der vierten Lebenswoche begonnen werden. Zum Zeitpunkt der Operation sollte der Alveolarbogen eine normale Weitung und Rundung haben. Bei vorzeitiger Normalisierung sollte die Platte noch bis zum Operationstermin als Retentionselement getragen werden.

Bei doppelseitigen Spalten sollte nach dem Verschluss der ersten Spaltseite noch eine Retentionsplatte eingegliedert werden, die bis zum Zeitpunkt der Operation der zweiten Spaltseite getragen wird.

Oberkieferabschnitte, die bei einseitigen Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten bereits in guter Position stehen, bedürfen keiner präoperativen kieferorthopädischen Behandlung. Hier ist es jedoch zweckmäßig, dem Säugling bis zum Operationstermin zur Trennung von Mund- und Nasenhöhle eine Trinkplatte einzugliedern, die eine weitgehende Normalisierung der Saug- und Schluckfunktion ermöglicht.

Postoperative kieferorthopädische Behandlung

Bei allen Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten und meistens auch bei Lippen-Kiefer-Spalten erforderlich.

Im Milchgebissalter sind nur einige Fälle mit doppelseitigen Spaltbildungen behandlungsbedürftig.

Behandlungsbeginn in der Regel im 8. bis 10. Lebensjahr. Die Behandlung muss in vielen Fällen auch nach Abschluss des Zahnwechsels noch weitergeführt werden, weil die operativ bedingte Narbenbildung die orthopädische Beeinflussbarkeit erschwert.

Das Behandlungsergebnis muss nicht selten durch eine längere Retentionszeit stabilisiert werden. Mitunter wird eine Dauerretention erst durch eine prothetische Versorgung gewährleistet.