Zahn- Mund- Kieferheilkunde

Plötzlich einsetzende Erweiterung der terminalen Strombahn durch reflektorische Lähmung des Vasomotorenzentrums bei gesteigertem Vagotonus. Dabei entsteht ein relativer Flüssigkeitsmangel im Kreislauf, weil das Blut im Splanchnikusgebiet und in den unteren Körperpartien versackt. Der venöse Rückfluss zum Herzen ist vermindert. Beim aufrecht sitzenden oder gar stehenden Patienten tritt rasch eine Mangeldurchblutung des Gehirns mit Bewusstseinsverlust ein (Synkope).

Ursachen:

Psychovegetative Faktoren: Angst vor dem Eingriff, Schmerzen, Übermüdung, Ekel beim Anblick von Instrumenten und Blut, Praxisgeruch.

Äußere Einflüsse: Sauerstoffmangel in schlecht gelüfteten Räumen, Austrocknung bei mangelhafter Flüssigkeitszufuhr und Schwitzen sowie nach Durchfällen oder Erbrechen.

Hypotonie.

Hormonelle Störungen während der Menstruation oder Schwangerschaft, im Klimakterium und in der Pubertät.

Umkehr der Adrenalinwirkung bei adrenalinüberempfindlichen Patienten – insbesondere bei Hypotonikern – nach kurzer Gefäßverengung als überschießende Gegenregulation mit Erweiterung der terminalen Strombahn.

Symptomatik:

Schwindelgefühl, Blässe, Schweißausbruch mit feuchtkalter Haut, Puls schwach, oberflächliche Atmung, Bewusstseinsverlust als Folge einer Hypoxie der Großhirnrinde.

Therapie:

  • Flachlagerung des Patienten mit Hochlagerung der Beine.
  • Zur Freihaltung der Atemwege Kopf nach dorsal beugen, Unterkiefer vorbringen (Esmarch-Heibergscher Handgriff).
  • Pulskontrolle, Blutdruckmessung.
  • Gegebenenfalls mit Sauerstoff angereicherte Luft einatmen lassen.
  • In der Regel erholt sich der Patient danach schnell.
  • Bei weiter bestehender Bewusstlosigkeit Notarzt rufen!

Prophylaxe:

  • Vornahme der Injektion und der Operation am liegenden Patienten.
  • Das Blut kann so nicht mehr in der unteren Körperhälfte versacken. Eine Mangeldurchblutung des Gehirns wird damit verhindert.
  • Bei der heute allgemein üblichen Behandlungsweise am liegenden Patienten kommt die vasovagale Synkope während Lokalanästhesie und Operation kaum noch vor. Sie kann aber auftreten, wenn der Patient am Ende der Operation aufsteht.
  • Dem Patienten sollte daher immer eine Erholungsphase unter Aufsicht zugestanden werden, bevor er nach Blutdruckmessung die Praxis verlassen kann.
  • Hypotoniker und psychisch labile Patienten neigen zu vasovagalen Synkopen. Hier kann prophylaktisch eine Prämedikation sinnvoll sein:
  • Anhebung eines zu niedrigen Blutdrucks mit 1 Tablette Cafedrin + Theodrenalin (Akrinor) 30 Minuten vor dem Eingriff.
  • Unmittelbar vor der Lokalanästhesie Blutdruckmessung und gegebenenfalls eine 2. Tablette.
  • Sedierung psychisch labiler Patienten mit 1 Tablette Midazolam (Dormicum) 30 Minuten vor dem Eingriff.
  • Ausreichende Belüftung der Praxisräume.
  • An heißen Tagen auf ausreichende präoperative Flüssigkeitszufuhr achten.
  • Die Patienten sollen nicht nüchtern in die Praxis kommen, sondern einige Stunden vor dem Eingriff eine leichte Mahlzeit zu sich nehmen.
  • Wahl eines Lokalanästhetikums mit niedrigem Adrenalinzusatz (1:200 000), langsam injizieren!