Tumoren

Operative Behandlung

Eingriffe im Bereich der Weichteile

  • Ausschälung: Wird bei gutartigen Tumoren, die von einer bindegewebigen Kapsel umgeben sind, vorgenommen. Der Tumor wird durch stumpfe Präparation entlang der Kapsel aus dem gesunden Gewebe herausgeschält.
  • Exzision: Der Tumor wird peripher der Tumorgrenze im gesunden Gewebe herausgelöst. Die Geschwulst bleibt allseitig von gesundem Gewebe bedeckt. 

Eingriffe im Bereich des Knochens

  • Ausschälung: Bei Zysten und gut abgegrenzten benignen Tumoren.
  • Exkochleation (Kürettage): Entfernung des Tumorgewebes mit einem scharfen Löffel bei gutartigen Tumoren oder Hypoplasien, die aus weichem Gewebe (Granulationsgewebe) bestehen.
  • Periphere Osteotomie: Entspricht der Exzision im Weichgewebe. Der Tumor wird mit dem angrenzenden gesunden Knochengewebe entfernt.
  • Unterkiefersegmentresektion: Ein Unterkiefersegment wird unter Aufhebung der Kontinuität reseziert. Eine Exartikulation beinhaltet zusätzlich die Resektion des Gelenkfortsatzes.
  • Oberkieferresektion: Entfernung eines Teils des Oberkiefers mit dem Alveolarfortsatz und einem Teil des harten Gaumens. Gegebenenfalls werden auch der Orbitaboden sowie Anteile des Jochbeins, des Siebbeins und des Processus pterygoideus reseziert. Bei gleichzeitigem Befall der Orbita ist zusätzlich eine Exenteratio orbitae notwendig. Nach einer Oberkieferresektion bleibt ein Defekt zurück, der Nasen- und Mundhöhle miteinander verbindet.

Radikaloperation:

Bei bösartigen Tumoren wird unter Opferung von gesundem Gewebe eine Radikaloperation vorgenommen. Dabei wird das Tumorgewebe unter Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes zusammen mit dem angrenzenden gesunden Gewebe entfernt, wobei in der Regel ein größerer Weichteil- und/oder Knochendefekt entsteht.

Bei Befall der regionären Lymphknoten müssen diese durch eine so genannte neck dissection ausgeräumt werden.

Die neck dissection ist eine Routineoperation, die indiziert ist, wenn bei nachgewiesenem Karzinom auch vergrößerte regionäre Lymphknoten vorhanden sind.

Bei negativem Lymphknotenbefund wird bei T1-Tumoren keine neck dissection vorgenommen. Bei T2-Tumoren sind die Meinungen geteilt. T3- und T4-Tumoren erfordern auch ohne einen positiven Lymphknotenbefund eine neck dissection.

Bei der neck dissection werden die folgenden Regionen ausgeräumt:

  • Supraklavikulargrube (Fossa supraklavicularis),
  • Seitliches Halsdreieck (Trigonum colli laterale),
  • Untere Sternokleidomastoideus-Region (Regio sternocleidomastoidea),
  • Karotisdreieck (Trigonum caroticum),
  • Submandibularloge,
  • Submentalloge.

Zusätzlich werden die folgenden Strukturen entfernt:

  • Muskulatur: Platysma, M. sternocleidomastoideus.
  • Faszien: Oberflächliche, mittlere und tiefe Halsfaszie.
  • Nerven: Ramus descendens N. hypoglossus, N. accessorius.
  • Hautäste des Plexus cervicalis.
  • Drüsen: Submandibulardrüse, unterer Parotispol.
  • Gefäße: V. jugularis interna, V. jugularis superficialis ventralis und dorsalis

Modifikationen der neck dissection mit reduzierter Radikalität werden unter besonderen Umständen vorgenommen:

  • Erhaltung der V. jugularis interna.
  • Erhaltung des N. accessorius oder Ersatz durch Nerventransplantation.
  • Funktionelle neck dissection: Entfernung des Lymphknoten-Fett-Gewebes unter Erhaltung der Muskeln, Nerven, Drüsen und der V. jugularis interna.
  • Suprahyoidale Ausräumung: Es werden lediglich Submandibularloge und Submentalloge und oberes Karotisdreieck ausgeräumt.
  • Isolierte submandibuläre und submentale Ausräumung

Rezidivoperationen

Tritt nach einer Radikaloperation ein Rezidiv auf, so kann – wenn noch eine Heilungschance besteht – eine Nachresektion vorgenommen werden.

Die Entfernung lymphogener Spätmetastasen, die nach einer Radikaloperation ohne Lymphknotenausräumung auftreten können, ist genau genommen keine Rezidivoperation, sondern ein nachträglich ausgeführter Teil der Primäroperation. Die Erfolgsaussichten sind hier bedeutend günstiger als bei den eigentlichen Rezidivoperationen.

Entfernung hämatogener Metastasen

Tritt nach einer Radikaloperation eine solitäre hämatogene Spätmetastase auf, so kann deren operative Entfernung sinnvoll sein, obgleich man das Vorliegen weiterer Metastasen niemals ausschließen kann.

Sind mehrere hämatogene Tochtergeschwülste vorhanden, so kommt eine operative Entfernung nicht mehr in Frage.

  • Palliativoperationen:
    Unter diesem Begriff werden Operationen zusammengefasst, die nicht mehr die Beseitigung des Tumors zum Ziel haben.

    • Eine Teilresektion kann angezeigt sein, wenn ein Tumor die Mundhöhle so eingeengt hat, dass die Nahrungsaufnahme behindert ist.
    • Bei superinfizierten Knochentumoren kann die Entfernung des osteomyelitschen Knochens sinnvoll sein.
    • Schmerzbeseitigung durch Neurexhairese, Glycerininjektion oder zentralen neurochirurgischen Eingriff (siehe Trigeminusneuralgie).
    • Bei Blutungen aus dem Tumorgebiet Unterbindung der zuführenden Arterie.

  • Defektdeckung:
    Eine operative Defektdeckung kann zusammen mit der Radikaloperation oder zu einem späteren Zeitpunkt als sekundäre Defektdeckung vorgenommen werden.

  • Primäre Defektdeckung:
     
  • Weichteilersatz:

    • Zusammenziehen der mobilisierten Wundränder.
    • Hauttransplantation bei größeren Wundflächen.
    • Lappenplastik durch Verschiebe- oder Rotationslappen bei größeren Weichteildefekten.
    • Myokutane Lappen enthalten Haut, Subkutangewebe und Muskulatur und werden von einem Gefäßstiel, der größere arterielle und venöse Gefäße enthält, ernährt. Die Entnahmestelle wird durch Zusammenziehen der mobilisierten Hautränder verschlossen, gegebenenfalls auch durch ein Hauttransplantat abgedeckt.

  • Folgende myokutane Lappen sind gebräuchlich:
    • Pectoralis-major-Lappen: Von der vorderen Thoraxwand. Der unterhalb der Clavicula gelegene Gefäßstiel enthält die A. thoraco-acromialis sowie die entsprechenden Venenäste.
      Versorgung von Defekten der Hals-Wangen-Region und im Bereich der Mundhöhle.
    • Trapeziuslappen: Vom Rücken zwischen Schulterblatt und Wirbelsäule. Der Gefäßstiel enthält die A. transversa colli.
      Versorgung von Defekten der Orbita- und Schläfenregion.
    • Latissimus-dorsi-Lappen: Seitliche Thoraxwand. Der Gefäßstiel enthält die A. thoraco-dorsalis.
      Versorgung von Defekten in der seitlichen Halsregion, im unteren Drittel des Gesichts und am Hinterhaupt.
    • Paramedianer Stirnlappen: Gefäßstiel enthält A. supratrochlearis.
      Versorgung von Defekten im Bereich der Nase.
    • Temporalislappen enthält Muskulatur, oberflächliche Temporalisfaszie und Periost der Schädelkalotte, aber keine Haut. Gefäßversorgung durch A. temporalis profunda anterior und posterior.
      Versorgung von Weichteildefekten im Wangen- und Mundbodenbereich, aber auch zur sekundären Deckung von Oberkiefer- und Gaumendefekten. Die Wundfläche heilt über die freie Granulation und epithelisiert sich von den Schleimhauträndern her.
    • Freie myokutane Transplantate mit mikrochirurgischen Gefäßanastomosen können z.B. vom Latissimus-dorsi-Gebiet oder aus anderen Bereichen mit definierter Gefäßversorgung für die Defektdeckung im Mund-Kiefer-Gesichts-Bereich benutzt werden. Die Lappengefäße werden mit arteriellen und venösen Gefäßen im Defektbereich verbunden.
      Dünndarmschlingen werden zum Ersatz von Mundschleimhautdefekten verwandt.
      Das Omentum majus eignet sich gut zur Auffüllung von Weichteildefekten ohne Haut- und Schleimhautverlust.

Unterkieferersatz:

Nach Segmentresektion oder Exartikulation des Unterkiefers wird das fehlende Segment durch ein Knochentransplantat ersetzt. Die Fixation erfolgt in der Regel durch funktionsstabile Osteosynthese mit einer Rekonstruktionsplatte (siehe Frakturen des Unterkiefers).

Eine alloplastische Überbrückung kommt nur als temporärer Platzhalter in Betracht.

Avaskuläre Knochentransplantate werden vom Beckenkamm oder als Rippensegmente entnommen. Nach der Implantation dringt gefäßhaltiges Granulationsgewebe des Lagergewebes in das Transplantat ein, dem sich überlebende Osteoklasten und Osteoblasten des Transplantats zugesellen. Unter Resorption der inzwischen abgestorbenen Knochen- und Knochenmarksubstanz dringt das einwachsende Granulationsgewebe in das Hohlraumsystem des Transplantats ein. Überlebende Osteoblasten des Transplantats und zu Osteoblasten metaplasierte Lagergewebszellen ersetzen resorbierte Knochensubstanz durch neu gebildeten Knochen, wobei ein innerer Umbau stattfindet.

Da bei fast allen Unterkieferresektionen die Mundschleimhaut eröffnet wird, kommt es zwangsläufig zu einer Kontamination der Wundfläche mit Mundkeimen, wodurch die Einheilung des Transplantats durch Infektion behindert werden kann.

Durch hochdosierte präoperative intravenöse Antibiotikainfusion kann das zu entnehmende Knochentransplantat mit dem Antibiotikum angereichert werden, wodurch es widerstandsfähiger wird. Die Antibiotikatherapie wird dann postoperativ weitergeführt.

Im Hinblick auf die trotz Antibiotikaprophylaxe erhöhte Infektionsgefahr wird die primäre Transplantation avaskulärer Knochentransplantate nur noch selten vorgenommen:

Der Kinnersatz durch ein Rippentransplantat kann als provisorische Maßnahme zur Vermeidung einer Tracheotomie vorgenommen werden. Die endgültige Rekonstruktion erfolgt dann als sekundärer Ersatz.

Mikrovaskulär anastomosierte Transplantate sind weniger infektionsgefährdet. Sie werden hauptsächlich vom Beckenkamm entnommen. Die ernährenden Gefäße, die A. und V. circumflexa ileum profunda und superficialis, werden zusammen mit dem Beckenkammtransplantat entnommen und mit der A. und V. facialis anastomosiert.

Das mikrovaskulär anastomosierte Knochentransplantat bleibt im Gegensatz zum avaskulären Knochentransplantat vollständig vital, wodurch eine postoperative Infektionsgefahr erheblich vermindert wird.

Seltener werden zum Unterkieferersatz mikrovaskulär anastomosierte Osteomyokutanlappen von der Skapula verwandt.

Osteolytischer Prozess im rechten Unterkiefer, hervorgerufen durch ein Gingivakarzinom, das in den Knochen eingewachsen ist
Osteolytischer Prozess im rechten Unterkiefer, hervorgerufen durch ein Gingivakarzinom, das in den Knochen eingewachsen ist
Situation nach Unterkiefersegmentresektion unter Erhalt eines kleinen Fragments mit dem Gelenkfortsatz und dem Processus muscularis
Situation nach Unterkiefersegmentresektion unter Erhalt eines kleinen Fragments mit dem Gelenkfortsatz und dem Processus muscularis
Situation nach Vestibulumplastik und Mundbodensenkung. Die Wundfläche am Alveolarfortsatz wurde durch ein Spalthauttransplantat abgedeckt
Situation nach Vestibulumplastik und Mundbodensenkung. Die Wundfläche am Alveolarfortsatz wurde durch ein Spalthauttransplantat abgedeckt
Situation nach prothetischer Versorgung
Situation nach prothetischer Versorgung
Situation nach prothetischer Versorgung
Situation nach prothetischer Versorgung

Sekundäre Defektdeckung

Sekundäre Rekonstruktionen werden bei gutartigen Tumoren einige Wochen oder Monate nach der Tumorentfernung vorgenommen. Bei malignen Geschwülsten wartet man nach Möglichkeit mindestens ein Jahr Rezidivfreiheit ab. 

  • Weichteilersatz:
    Die bei der primären Defektdeckung aufgeführten Plastiken können auch für die sekundäre Defektdeckung verwandt werden. 
  • Unterkieferersatz:
    Bei sekundärem Unterersatz kann die Präparation des Transplantatlagers ohne Eröffnung der Mundschleimhaut über einen ausschließlich extraoralen Zugang erfolgen, wodurch die Infektionsgefahr deutlich verringert wird.

    Avaskuläre Knochentransplantate können daher weitgehend ohne Risiko verpflanzt werden. Die Misserfolgsquote beträgt hier 1,5 % gegenüber 25 % bei primärem Unterkieferersatz.
    Die zur stabilen Fixation verwandte Rekonstruktionsplatte sollte nach drei Monaten – also noch während des Transplantatumbaus – entfernt werden, damit der weitere innere Umbau unter funktioneller Belastung stattfinden kann.

    Zum sekundären Unterkieferersatz werden – je nach Auffassung der behandelnden Klinik – entweder avaskuläre oder mikrovaskulär anastomosierte Beckenkammtransplantate verwandt.

    Nach einem Unterkieferersatz durch ein Knochentransplantat sind in der Regel noch präprothetische Maßnahmen zur Schaffung eines ausreichend tiefen Vestibulums und eines Mundbodensulkus erforderlich (siehe Sulkusplastiken).
    Dentalimplantate (Zahnärztliche Implantologie) können bereits bei der Knochentransplantation in das Beckenkammtransplantat eingebracht und nach dessen vollständiger Einheilung mit Suprakonstruktionen versehen werden. Eine spätere Versorgung mit Dentalimplantaten ist ebenfalls möglich.
Situation nach Resektion des rechten Oberkiefers
Situation nach Resektion des rechten Oberkiefers
Situation nach kompletter Wiederherstellung durch Vestibulum- und Tuberplastik, wodurch eine prothetische Versorgung ermöglicht wurde.
Situation nach kompletter Wiederherstellung durch Vestibulum- und Tuberplastik, wodurch eine prothetische Versorgung ermöglicht wurde.
  • Oberkieferersatz:

    Nach einer Oberkieferresektion bleibt ein Defekt mit einer Verbindung zwischen Nasen- und Mundhöhle zurück, der eine Sprachstörung zur Folge hat und entweder durch chirurgische Maßnahmen oder eine Defektprothese verschlossen werden kann.

    Chirurgische Defektdeckung:

    Mit einer Weichteilplastik wird die Perforation zwischen Mund- und Nasenhöhle verschlossen.

    In die neu geschaffene Trennwand kann dann später ein Knochentransplantat eingelagert werden, dessen Fixation durch Miniplatten- oder Zugschraubenosteosynthese vorgenommen wird (siehe Mittelgesichtsfrakturen).

    Als präprothetische Maßnahmen sind später noch eine Vestibulumplastik und gegebenenfalls eine Tuberplastik (siehe Sulkusplastiken) erforderlich. Ferner ist die Implantation von Dentalimplantaten möglich (siehe Zahnärztliche Implantologie).
  • Prothetische Defektdeckung:

    Die Resektionsprothese wird an den Zähnen des Restkiefers mit Klammern, Geschieben oder Teleskopen verankert und füllt den Oberkieferdefekt mit einem Obturatorteil so aus, dass dem Patienten eine normale Nahrungsaufnahme und Sprachfunktion ermöglicht wird.
    Bei zahnlosem Restkiefer kann man zur besseren Befestigung der Prothese durch Kombination eines Obturators aus weichbleibendem Kunststoff und einer Prothese, die mit einem Zapfen in den Obturator eingreift, die unter sich gehenden Stellen der Resektionshöhle für den Halt der Prothese ausnutzen. Nach Einsetzen des Obturators wird in diesem die Prothese nach dem Druckknopfprinzip verankert.
    Epithesen sind Prothesen, die äußere Gesichtsteile, wie Auge mit Lidern, Wangenteile und Nase, ersetzen. Zur Befestigung kann ein Brillengestell dienen. Ferner werden auch Implantate in den benachbarten Knochen eingebracht, an denen die Epithese befestigt werden kann.
Nasennebenhöhlenaufnahme nach Weichteilplastik mit einem gestielten Lappen und Knochenersatz durch ein Beckenkammtransplantat
Nasennebenhöhlenaufnahme nach Weichteilplastik mit einem gestielten Lappen und Knochenersatz durch ein Beckenkammtransplantat
Situation nach linksseitiger Oberkieferresektion. Die Resektionshöhle wurde mit Spalthaut ausgekleidet. Das Restgebiss ist zur Aufnahme einer Teleskopprothese vorbereitet.
Situation nach linksseitiger Oberkieferresektion. Die Resektionshöhle wurde mit Spalthaut ausgekleidet. Das Restgebiss ist zur Aufnahme einer Teleskopprothese vorbereitet.
Situation nach Eingliederung einer Resektionsprothese
Situation nach Eingliederung einer Resektionsprothese
Situation nach Eingliederung einer Resektionsprothese
Situation nach Eingliederung einer Resektionsprothese
Defekt nach Exenteratio orbitae
Defekt nach Exenteratio orbitae
Orbita-Nasen-Defekt nach Tumorentfernung
Orbita-Nasen-Defekt nach Tumorentfernung
Situation nach Eingliederung einer Epithese
Situation nach Eingliederung einer Epithese

Strahlentherapie

Durch Röntgen-, Beta- und Gammastrahlen werden Krebszellen – vermutlich durch Mutation – stärker geschädigt als gesunde Körperzellen. Hochdifferenzierte gutartige Tumoren sprechen dagegen auf Strahlentherapie kaum anders an als gesundes Gewebe. 

Bestrahlungsmöglichkeiten:

Bestrahlungen mit konventionellen Röntgenstrahlen, Radium und radioaktiven Isotopen werden heute nur noch selten vorgenommen.

Die Supervolt-Therapie arbeitet mit energiereicher Strahlung und wird heute hauptsächlich eingesetzt:

  • Die Elektronenschleuder (Betatron) sendet ultraharte Röntgen- oder Beta-Strahlung aus.
  • Das Gammatron (Telekobaltgerät) enthält strahlendes Kobalt 60 und lässt Gamma-Strahlen austreten. Dieses Gerät wird heute am häufigsten eingesetzt. 

Indikationen:

In Kombination mit Radikaloperation von Karzinomen bei T 3- und T 4-Tumoren, mitunter auch bei T 2-Tumoren.

Kurative Bestrahlung bei sehr strahlensensiblen Tumoren, gegebenenfalls in Kombination mit einer Zytostatikabehandlung.

Operationsunfähigkeit des Patienten (hohes Alter, intermediäre Begleiterkrankungen) oder Ablehnung einer Operation durch den Patienten.

Palliative Bestrahlung bei fortgeschrittenen inoperablen Tumoren.

Strahlenschäden:

  • Akute Strahlenreaktion der Haut:

    • 1.    Grad: Hauterytheme mit vorübergehender Rötung.
    • 2.    Grad: Blasenbildung.
    • 3.    Grad: Ulzeration.

Röntgenkarzinom nach Bestrahlung eines Hämangioms
Röntgenkarzinom nach Bestrahlung eines Hämangioms

  • Radiogene Spätveränderungen

    • Haut: Induration, Trockenheit und Rissigkeit mit Verlust der Haare, Farbveränderung mit bräunlich pigmentierten und weißlichen Bezirken, Teleangiektasien, Fibrosierung des Subkutangewebes.
      Ulzeration (Röntgenulkus) oder Ausbildung eines Röntgenkarzinoms erst nach einigen Jahren.
      Die Differenzialdiagnose zwischen Röntgenulkus und Röntgenkarzinom kann nur durch eine Probeexzision gestellt werden.
    • Schleimhaut  (Radiostomatitis): Auch hier besteht die Möglichkeit der Entwicklung eines Röntgenkarzinoms.
    • Kieferknochen (Radio-Osteomyelitis, Osteoradionekrose, siehe Entzündungen der Kieferknochen).
    • Speicheldrüsen: Funktionseinbuße mit Verminderung oder völligem Versiegen der Speichelbildung. Fibrose und Atrophie der Drüse.
    • Muskulatur: Fibrosierung und Funktionseinbuße, Kieferklemme.
    • Zähne: Schmelzverluste durch Abbröckeln des Schmelzmantels, Dentinerweichungen und degenerative Veränderungen der Odontoblasten. Die entstehenden Schmelzdefekte fördern kariöse und pulpitische Prozesse.
      Ursachen sind sekundäre Einflüsse, wie unzureichende Zahnpflege nach der Bestrahlung, Trockenheit im Munde u.a.
    • Defekte nach Radiotherapie: Wenn ein größerer Tumor durch die Bestrahlung in seinem Volumen erheblich reduziert oder beseitigt wurde, können die verlorengegangenen Gewebsstrukturen nicht immer ersetzt werden, so dass ein Gewebsverlust resultiert. Die verbleibenden Weichteil- oder Knochendefekte müssen dann – vorausgesetzt, dass der Tumor beseitigt wurde – durch plastisch-chirurgische Maßnahmen ersetzt werden.

Radiologisch-chirurgische Kombinationstherapie

Durch Kombination der Strahlentherapie mit der Radikaloperation können die Erfolge bei fortgeschrittenen Tumoren verbessert werden. Für diese Kombinationstherapie gibt es folgende Möglichkeiten:

Die Vorbestrahlung wird hauptsächlich bei ausgedehntem Tumorbefall vorgenommen, um die Geschwulst temporär zu inaktivieren und ihr Volumen zu reduzieren. So kann ein bereits inoperabler Tumor operabel gemacht werden. Dabei wird die volle Tumordosis von 60 Gy appliziert.

Der günstigste Zeitpunkt für die Operation liegt in der dritten bis vierten Woche nach Beendigung der Bestrahlung. Danach muss mit radiogenen Wundheilungsstörungen gerechnet werden.

Eine Nachbestrahlung mit 60 Gy wird durchgeführt, wenn der Verdacht besteht, dass der Tumor auf operativem Wege nicht restlos beseitigt werden konnte. Mit der postoperativen Bestrahlung wird nach Abschluss der Wundheilung begonnen.

Bei der Sandwich-Technik wird prä- und postoperativ bestrahlt. Unmittelbar nach der präoperativen Bestrahlung mit 30 Gy wird die Radikaloperation vorgenommen. Nach abgeschlossener Wundheilung beginnt die Nachbestrahlung  mit weiteren 30 Gy. Eine Indikation für diese Technik besteht bei allen T3- und T4-Tumoren und bei T2-Karzinomen im hinteren Bereich der Mundhöhle sowie bei verbackenen Lymphknoten.

Eine Nachoperation kann im Anschluss an eine als kurativ konzipierte Bestrahlungstherapie notwendig werden, wenn der Tumor durch die Bestrahlung nicht beseitigt werden konnte oder ein Defekt entstanden ist, der einer plastisch-chirurgischen Wiederherstellung bedarf.

Chemotherpie durch Zytostatika

Bei der Chemotherapie maligner Geschwülste soll das Tumorwachstum durch Zytostatika gehemmt werden. Diese wirken als Zell- und Mitosegifte auf besonders intensiv wachsendes Gewebe ein, indem sie in den Mitoseablauf bzw. in die Synthese der Desoxyribonukleinsäure (DNS) eingreifen.

In der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sind die folgenden Zytostatika im Gebrauch und können je nach Bedarf miteinander und mit einer radiologischen oder/und chirurgischen Therapie kombiniert werden:

  • Methotrexat gehört als Folsäureantagonist in die Gruppe der Antimetaboliten.
  • Bleomycin ist ein Glykopeptid-Antibiotikum, das eine selektive Wirkung auf Plattenepithelkarzinome besitzt.
  • Vincristin ist ein Alkaloid, das besonders auf maligne Lymphome (siehe Sarkome) einwirkt.
  • Cisplatin wirkt vermutlich durch Vernetzung der DNS und bedingt dadurch Störungen der Replikation.

Für den klinischen Bedarf gibt es folgende Anwendungsmöglichkeiten der Zytostatikatherapie:

  • Durch präoperative Zytostatikatherapie können inoperable Tumoren gegebenenfalls operabel werden.
  • Die postoperative Zytostatikatherapie beginnt am 14. Tag nach der Operation mit Vincristin. Am 15. Tag erhält der Patient Methotrexat und am 16. Tag Bleomycin. Nach eintägiger Pause werden am 18. und 19. Tag  nochmals Methotrexat und Bleomycin gegeben. Nach erneuter eintägiger Pause wiederholt sich der gesamte Zyklus. Am 26. Tag ist die postoperative Chemotherapie angeschlossen.
  • Bei der Synchronisationsbehandlung werden Zytostatika mit der Strahlentherapie kombiniert. Durch Bleomycin und Vincristin werden die Tumorzellen in einer bestimmten Teilungsphase arretiert, in der sie besonders strahlenempfindlich sind.
  • Die palliative Zytostatikatherapie kann angewandt werden, wenn die operativen und strahlentherapeutischen Möglichkeiten erschöpft und Dauererfolge nicht mehr zu erwarten sind.

Laserchirurgie

Durch Laserstrahlung wird im Gewebe Wärme erzeugt, die zur chirurgischen Durchtrennung von Weichgewebe und Knochen oder zur Erzeugung oberflächlicher Koagulationsnekrosen benutzt werden kann. Für chirurgische Zwecke wurden entsprechende Geräte entwickelt. Die Eindringtiefe der Strahlung kann durch die Art der Laserstrahlung begrenzt werden.

Die Laserchirurgie findet Anwendung zur Beseitigung kleiner gutartiger Tumoren und von Leukoplakiearealen. Die befallenen Schleimhautveränderungen werden oberflächlich koaguliert und die Nekrosen mechanisch entfernt. Die Heilung erfolgt über die freie Granulation.