Da eine chronische odontogene Sinusitis maxillaris nicht selten ohne klinische Symptomatik besteht, kann die Eröffnung der Kieferhöhle bei der Extraktion eines Zahnes mit apikaler Parodontitis der erste Hinweis für das Vorliegen einer durch diesen Zahn verursachten Sinusitis sein. Eine Perforation ergibt sich zwangsläufig, wenn der Knochen zwischen Wurzelspitze und Kieferhöhle resorbiert ist. In solchen Fällen wird die Kieferhöhle möglicherweise schon bei glatter Zangenextraktion, spätestens jedoch nach Kürettage des Granuloms oder einer radikulären Zyste eröffnet, wonach das sondierende Instrument widerstandslos in die Tiefe gleitet.
Differenzialdiagnostisch muss dann auch damit gerechnet werden, dass nicht die Kieferhöhle, sondern eine größere Zyste eröffnet wurde. Ferner könnte ein zentraler Tumor vorliegen.
Fehlt bei der Sondierung der Knochen über dem Alveolenfundus, so ist eine Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen zur Abklärung der Frage, ob eine chronische Sinusitis maxillaris, eine größere Zyste oder ein Tumor vorliegt, oder ob eine gesunde Kieferhöhle eröffnet wurde, unerlässlich.
Diagnostischen Wert hat auch der Nasenblasversuch: Der Patient wird aufgefordert, mit zugehaltener Nase Luft in die Nase zu pressen. Entweicht dabei Luft durch die Perforation, so ist die Kieferhöhle offen. Der Nasenblasversuch kann bei Polyposis der Kieferhöhlenschleimhaut negativ sein, wenn sich polypöse Schleimhaut beim Durchpressen der Luft ventilartig vor die Perforation legt.
Therapie:
Hier sind im Hinblick auf die Therapie folgende Grundsätze zu beachten:
Eine Kieferhöhlenperforation darf nicht übersehen werden. Es empfiehlt sich daher nach der Extraktion eines oberen Eck- oder Seitenzahnes, routinemäßig den Alveolenfundus vorsichtig auszutasten.
Bei der Kürettage eines apikalen Granuloms oder einer radikulären Zyste wird man es ohnehin bemerken, wenn eine knöcherne Begrenzung zur Kieferhöhle fehlt.
Wurde die Kieferhöhle bei einer Zahnextraktion oder anderen operativen Eingriffen eröffnet, so muss im Hinblick auf das therapeutische Vorgehen durch eine Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen abgeklärt werden, ob eine gesunde oder pathologisch veränderte Kieferhöhle vorliegt.
Nach Eröffnung einer gesunden Kieferhöhle besteht die Gefahr, dass über die MAV durch aszendierende Infektion mit Mundbakterien sekundär eine Sinusitis entsteht. Mit einer Spontanheilung der MAV, die sogar eintreten kann, wenn zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits eine Sinusitis vorliegt, darf natürlich erst recht bei der Eröffnung einer gesunden Kieferhöhle gerechnet werden. Bei kleiner Perforation und langer Alveole wird daher auch empfohlen, eine Spontanheilung abzuwarten. Bleibt diese jedoch aus, so entsteht die gleiche Situation wie nach der Eröffnung einer Kieferhöhle bei chronischer Sinusitis und fehlender Tendenz zur Spontanheilung.
Ein Unterschied besteht allerdings darin, dass nach der Eröffnung einer entzündlich veränderten Kieferhöhle eine mögliche Spontanheilung abgewartet werden kann, ohne dass durch den Zeitverlust ein Schaden entsteht. Die nach Ausbleiben der Spontanheilung notwendige Kieferhöhlenoperation wird dann zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen. Nach der Eröffnung einer gesunden Kieferhöhle muss in einem Teil der Fälle damit gerechnet werden, dass die Spontanheilung ausbleibt und dann eine Kieferhöhlenoperation notwendig wird, die bei sofortigem Verschluss mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre.
Nach Eröffnung einer gesunden Kieferhöhle sollte die Perforation daher sofort – spätestens aber nach 24 Stunden – verschlossen werden.
Die Plastik darf als erfolgreich gelten, wenn nach 3 bis 4 Wochen eine Restperforation nicht zu sondieren ist und bei einer Röntgenkontrolle durch eine Nasennebenhöhlenaufnahme keine Verschattung der Kieferhöhle eingetreten ist.
Zahnfleisch-Wangen-Lappen (Rehrmann):
Wangenwärts gestielter trapezförmiger vestibulärer Schleimhaut-Periost-Lappen. Durch Einschneiden des Periosts an der Lappenbasis wird der Lappen verlängert, so dass er über der Perforation, deren Ränder umschnitten und angefrischt werden, eingenäht werden kann. Zusätzlich kann das Lappenende entepithelisiert und unter die mobilisierte Gaumenschleimhaut geschoben werden.
Wird das Verfahren mit einer Kieferhöhlenoperation kombiniert, so verläuft der Schnitt mesial und gegebenenfalls auch distal etwas oberhalb der Umschlagfalte.
Die Plastik mit dem Zahnfleisch-Wangen-Lappen nach Rehrmann ist das am häufigsten angewandte Verfahren, weil es relativ einfach auszuführen und auch ziemlich erfolgssicher ist.
Eine Abflachung des Vestibulums lässt sich nicht immer vermeiden. Gegebenenfalls muss vor Eingliederung einer Prothese eine Mundvorhofplastik vorgenommen werden (siehe Sulkusplastiken).
Die folgenden Lappenplastiken werden relativ selten angewandt:
Wangenlappen (Axhausen):
Mesial oder distal gestielter Lappen aus der Wangenschleimhaut oberhalb der Umschlagsfalte. Die Gingiva wird um die Perforation und vestibulär bis zum Lappen exzidiert. Der Lappen wird um 90° gedreht und durch Nähte über der Perforation fixiert.
Palatinalappen:
Dorsal gestielter, von der A. palatina ernährter Lappen der Gaumenschleimhaut, der um 90° gedreht und nach Exzision der Gingiva über der Perforation eingenäht wird. Der Knochen der Entnahmestelle bleibt frei und wird der Heilung über die offene Granulation überlassen.
Brückenlappen (Kazanjian):
Kann nur in einem zahnlosen Oberkieferabschnitt angewandt werden. Der 1,5 cm breite Lappen bleibt vestibulär und palatinal gestielt und wird nach Exzision der Kammschleimhaut über der Perforation eingenäht.
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