Die Angst beim oder vor dem Zahnarzt (Zahnarztangst) hält viele Menschen von sinnvollen Behandlungen, die fortschreitenden Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich vorbeugen, ab. Zahnarztangst oder Zahnarztphobie ist vor allem durch Vermeidung von Zahnbehandlungen oder sogar eines Zahnarztbesuches generell und selbst bei Schmerzen gekennzeichnet.
Ob es sich bei der Zahnarztangst um echte Ängste, um Furcht oder Phobien handelt, ist für den zahnärztlichen Behandler auf den ersten Blick zumeist nicht zu erkennen. Fast zwei Drittel aller Patienten geben an, sich beim Zahnarzt unwohl, ja ängstlich zu fühlen. Etwa 6–10% der Bevölkerung in den Industriestaaten leiden unter einer echten Zahnarztphobie. Sie wollen zum Zahnarzt, aber sie können nicht.
Angst ist für den Organismus ein Stresszustand als Antwort auf eine wahrgenommene oder vermeintliche Bedrohung, verbunden mit einem Gefühl körperlicher Spannung sowie starken Impulsen, der Situation entfliehen zu wollen.
Diese Indikatoren der Zahnarztangst sind keineswegs spezifisch, so dass sich der Zahnarzt auch nicht darauf verlassen kann, dass sie ein sicherer Hinweis für die Angst eines Patienten sind.
Die Mundregion, vor allem Lippen und Zunge, aber auch die Wangen sind mit einem dichten Nervengeflecht versehen. Bereits unter normalen körperlichen (physiologischen) Aspekten ist sie besonders sensibel. Weil viele Menschen den Zahnarzt meiden, obwohl sie, wissen dass durch ein vernachlässigtes Gebiss mitunter Schmerzen auftreten können, gehen sie dann, wenn es wirklich einmal nötig ist, bereits verkrampft in die Praxis. Dort erleben Sie das, was in der Fachsprache mit “antizipierter“ (vorweggenommener) Schmerzbereitschaft bezeichnet wird. Diese provoziert naturgemäß geradezu einen Angst-Schmerz-Teufelskreis.
Die Zahnmedizin ist traditionell eine medizinisch und technisch orientierte Disziplin. In der Ausbildung zum Arzt für Zahnheilkunde werden nur selten psychische Störungen oder überhaupt die Grundlagen der Arzt-Patienten-Beziehung (Interaktion) behandelt. Aber es gibt inzwischen zahlreiche postgraduale qualifizierte Fortbildungen und Spezialisierungen für Zahnärzte auf dem Gebiet der Behandlung von Zahnbehandlungsängsten in Deutschland. Zahnärzten stehen somit vielfache Möglichkeiten des Abbaus von Zahnbehandlungsängsten zur Verfügung.
Generalisierte Angststörungen können durch den Versuch der Psychotherapie im Sinne einer Verhaltenstherapie behandelt werden. Damit sollen neue Lebenseinstellungen bzw. neue Verhaltensmuster erlernt werden. Auch eine entsprechende Aufklärung über die Natur der Erkrankung sowie eine Verhaltens-Beratung sind sinnvoll. Begleitende Entspannungsverfahren wie autogenes Training und progressive Muskelentspannung bis hin zur Hypnose, Hypnotherapie oder Biofeedback werden eingesetzt.
Gesprächstherapeutische und analysierend orientierte Therapiemodelle können dem Patienten eine neue Einsicht in seine Probleme ermöglichen. Sie haben das Ziel, sein Verhalten nach Lösung der zu Grunde liegenden Problematik zu verändern.
Durch Studien nachgewiesen, dass die Anwendung von verhaltenstherapeutischen Interventionen wie zum Beispiel der systematischen Desensibilisierung zu einem andauernden Abbau der Zahnbehandlungsangst führen können..
Durch den Einsatz von psychologischen Interventionen ist teilweise sogar eine kausale Behandlung der Angsterkrankung bzw. Zahnarztangst möglich ist. Allerdings ist die Anwendung dieser psychotherapeutischen Verfahren stets nur in enger Zusammenarbeit mit einem in der Methodik geschulten Psychologen oder Psychotherapeuten sinnvoll. Deswegen muss vom Zahnarzt eine Kontaktaufnahme zu den entsprechenden Institutionen, Praxen oder Ärzten in Praxis- und Patientennähe erfolgen. Ein gemeinsames Therapiekonzept sollte festgelegt und vereinbart werden. Der Therapieerfolg ist jedoch stets abhängig von der Einhaltung von Verhaltensmaßregeln (Compliance) und der daraus resultierenden Kooperation seitens der Patienten.
Weitere Therapiemöglichkeiten bestehen in der Medikation zum Beispiel von angsthemmenedn Medikamenten (Anxiolytika) wie Diazepinen oder Antidepressiva unter ärztlicher Begleittherapie. Medikamente werden schon seit Jahren erfolgreich angewandt. Sie greifen regulierend in den Stoffwechsel der Nervenbotenstoffe ein und können so Angst lösend wirken. Allerdings können auch Nebenwirkungen auftreten. Da es viele verschiedene Medikamente gibt, die speziell für die Behandlung von Depressionen und generalisierter Angst zugelassen sind, kann und muss ein Präparat ausgewählt werden, welches möglichst geringe Nebenwirkungen hat. Die Medikation muss von einem behandelnden Arzt immer individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt sein.
Eine Analgosedierung (leichte Betäubung durch das Einatmen von Narkosegasen- vor allem Lachgas) eignet sich für relativ kurze zahnärztliche Sanierungen, ist aber nicht für jede Angststörung geeignet.
Die Hypnose ist bei der Behandlung von Angstpatienten nur bedingt einsetzbar, weil sie die Fähigkeit zur Mitarbeit des Patienten voraussetzt. Patienten mit Zahnarztangst bzw. Zahnarztphobie haben häufig nur eine eingeschränkte Kooperationsbereitschaft.
Die Narkose ist ein probates Mittel zur Behandlung von Angstpatienten. Sie löst aber nicht das Problem der Zahnarztangst. Allerdings kann damit die Grundlage der Zahnarztphobie genommen werden, indem eine komplette Behandlung (Sanierung) in der Narkose ohne weitere, in kurzer Zeit darauf folgende Behandlungsmaßnahmen, durchgeführt wird. Sinnvoll kann es danach sein, den Angstpatienten in einen engmaschigen Recall aufzunehmen und so eventuell in (interdisziplinärer) Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten oder Psychologen das Problem Zahnarztangst zu lösen.
Auf Grund der individuellen Unterschiede und der fehlenden Zuverlässigkeit bei der Schmerzdämpfung stellt die Akupunktur nur bedingt eine Alternative zur Lokalanästhesie dar. Ihr Einsatz zur Therapie von Zahnarztangst und Zahnarztphobie ist sehr umstritten.
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