Es gibt zahlreiche Methoden zum Spaltverschluß, deren Indikation sich aus der Spaltform und den persönlichen Erfahrungen des Operateurs ergibt. Eine Entscheidung über die Erfolgsaussichten einer Methode kann oft erst 10 bis 15 Jahre später getroffen werden, weil erst nach Abschluß der wesentlichen Wachstumsvorgänge eine endgültige Beurteilung möglich ist.
Die Behandlungskonzepte der verschiedenen Behandlungszentren sind nicht einheitlich. Von den zahlreichen Verfahren sollen die gebräuchlichsten beschrieben werden:
Die Operation wird bei isolierten Lippenspalten in der Regel im Alter von 3 bis 6 Monaten vorgenommen und bei durchgehenden Spalten mit dem Verschluß weiterer Spaltabschnitte kombiniert.
Lippenplastik nach Veau:
Der Schnitt liegt auf beiden Spaltseiten an der Grenze zwischen Lippenrot und Lippenweiß und reicht bis zum Naseneingang. Überschüssiges Lippenrot wird exzidiert. Schleimhaut, mobilisierte Muskulatur und Lippenhaut werden getrennt vernäht.
Die Operation hinterläßt eine geradlinige Narbe, die relativ unauffällig ist. Nicht selten wird die Lippe etwas zu kurz, so daß eine spätere Lippenverlängerung notwendig werden kann.
Lippenplastik nach Le Mesurier:
Kompliziertes Schnittverfahren, bei dem die richtige Lippenlänge durch Verzahnung von Lippenhautläppchen der medialen und der lateralen Spaltseite erzielt wird. Überschüssige Schleimhaut und etwas Haut der Spaltseite müssen exzidiert werden.
Durch die Operation wird eine symmetrische Lippenlänge erzielt. Dafür muß eine winkelförmige Narbe in Kauf genommen werden. Später kann es zu einem stärkeren Wachstum auf der Spaltseite kommen. Aus diesem Grunde wird das Verfahren nur noch selten angewandt.
Lippenplastik nach Tennison:
Auf der Spaltseite wird ein Dreieckläppchen umschnitten, das in einen Schnitt auf der medialen Seite eingelagert wird. Auch bei diesem Verfahren muß etwas Haut exzidiert werden.
Die Tennison-Operation erfreut sich großer Beliebtheit. Die zu erzielenden Ergebnisse sind in der Regel gut. Etwas störend wirkt nur die etwas zickzackförmige Narbe.
Lippenplastik nach Millard:
Leicht bogenförmige Schnittführung auf der medialen Spaltkante. Durch einen zweiten Schnitt wird ein an der Columella-Basis gestieltes Dreieckläppchen umschnitten. Auf der lateralen Seite verläuft der Schnitt auf der Lippenrot-Lippenweiß-Grenze, biegt am Naseneingang spitzwinklig nach lateral um und wird bis zur Nasenflügelbasis geführt. So entstehen zwei Dreieckläppchen, die am Naseneingang im Sinne einer Z-Plastik eingelagert werden. Eine Exzision von Haut oder Schleimhaut ist nicht erforderlich. Im Bereich der Lippe werden Schleimhaut, mobilisierte Muskulatur und Lippenhaut miteinander vernäht.
Mit dieser Methode, die weite Verbreitung erfahren hat, können gute Ergebnisse erzielt werden.
Lippenplastik nach Krüger:
Modifikation der Operation nach Millard. Auch hier wird eine Z-Plastik am Naseneingang vorgenommen. Auf der medialen Seite wird ein bogenförmiger Hautschnitt angelegt, der über die Columellabasis geführt wird. Der Schleimhautschnitt verläuft an der Lippenrot-Lippenweiß-Grenze und wird über den Zwischenkiefer bis zum Nasenseptum geführt. So entsteht ein breiter medialer Lappen, der von der Columellabasis bis ins Naseninnere reicht und den vorderen Nasenboden bildet.
Auf der lateralen Seite verläuft die Inzision auf der Grenze zwischen Lippenrot und Lippenweiß bis zur Nasenflügelbasis, wo sie bogenförmig an der Innenseite des Nasenflügels weitergeführt wird. Der hier mobilisierte Schleimhautlappen bildet die orale Abdeckung der Spalte im vorderen Bereich.
Eine Exzision von Haut oder Schleimhaut im Lippenbereich ist nicht erforderlich.
Bei der Lippennaht werden die auf beiden Spaltseiten mobilisierten Muskelfaserbündel in richtiger Position miteinander vernäht.
Das Verfahren kann bei allen Lippenspalten und Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten angewandt werden. Auch bei sehr breiten und doppelseitigen Spalten sind gute Ergebnisse zu erzielen.
Wellenschnittverfahren nach Pfeifer:
Durch wellenförmige Schnittführung an den Spalträndern wird bei der Naht der Wundränder eine Streckung der Schnittkanten mit Verlängerung der Lippe erzielt. Ferner wird die Lippenmuskulatur aus ihrer unphysiologischen Lage gelöst und in richtiger Position in die Lippe integriert.
Es resultiert eine gerade Narbe . Mit dem Verfahren sind gute Ergebnisse zu erzielen
Im Hinblick auf das Wachstum des Oberkiefers wäre der günstigste Zeitpunkt für den operativen Verschluß die Zeit nach Abschluß der zweiten Dentition.
Nachteilig würden sich dann eine Behinderung der Sprachentwicklung und der Nahrungsaufnahme sowie entzündliche Affektionen der Nasenschleimhaut und Mittelohrergüsse auswirken.
Der harte Gaumen sollte daher möglichst spät, das Velum dagegen möglichst früh verschlossen werden.
Schweckendiek hat daraus die Lehre gezogen, daß nach frühzeitigem Verschluß der Lippe und des weichen Gaumens Kieferspalte und harter Gaumen unter Ablösung der Gaumenschleimhaut erst nach weitgehendem Abschluß des Oberkieferwachstums operiert werden sollten, also im Alter von 12 bis 14 Jahren.
Ein erheblicher Nachteil dieses Vorgehens ist allerdings, daß die Kinder während des Wachstumsalters eine Gaumenplatte tragen müssen, die eine normale Nahrungsaufnahme ermöglicht, andererseits aber die Sprachentwicklung behindert.
Das Schweckendiksche Prinzip hat sich daher nicht allgemein durchgesetzt. Als Kompromiß wird aber von verschiedenen Kliniken der Hartgaumenverschluß - nach frühzeitiger Operation der Lippe und des Velums - kurz vor der Einschulung vorgenommen. Die resultierenden operationsbedingten Wachstumsstörungen müssen dann durch kieferorthopädische Behandlung ausgeglichen werden.
Kieferspalte und harter Gaumen können zusammen mit der Lippe - gegebenenfalls auch unter Einbeziehung des weichen Gaumens - verschlossen werden.
Operation nach Veau:
Schnitt auf beiden Seiten auf der Grenze zwischen nasaler und oraler Schleimhaut. Die nasalen Schleimhautränder werden nach Mobilisation miteinander vernäht, wodurch der Nasenboden geschlossen wird.
Für die orale Schicht wird auf der Spaltseite ein Palatinallappen vom Knochen abgelöst und nach medial verschoben. Der Knochendefekt am harten Gaumen bleibt unbedeckt und wird der Heilung über die freie Granulation überlassen.
Operation nach Campbell:
Es wird ausschließlich nasale Schleimhaut zum zweischichtigen Verschluß benutzt. Ein am medialen Spaltrand gestielter Vomerlappen wird umschnitten und mobilisiert, der für den Verschluß der oralen Seite bestimmt ist.
Auf der lateralen Seite liegt der Schnitt an der Grenze zwischen oraler und nasaler Schleimhaut. Nach Mobilisation der nasalen Schleimhaut bis zur unteren Muschel läßt sich der Lappenrand am Vomerknochen durch Nähte fixieren, wodurch der Nasenboden geschlossen wird.
Der Schleimhautrand des Vomerlappens wird dann mit dem Schnittrand der spaltseitigen Gaumenschleimhaut als orale Schicht vernäht.
Bei dieser Methode wird die Schleimhaut des harten Gaumens nicht abgelöst, was sich günstig auf das Oberkieferwachstum auswirkt.
Das Verfahren kann sowohl mit dem Lippenverschluß als auch mit dem Verschluß des weichen Gaumens kombiniert werden.
Bei doppelseitigen Spalten muß zweiseitig operiert werden. Die zweite Seite kann frühestens 3 Monate später verschlossen werden.
Operation nach Pichler:
Hier wird ein oben gestielter Vomerlappen für einen einschichtigen Verschluß mobilisiert.
Auf der lateralen Spaltseite wird ein Schnitt zwischen nasaler und oraler Schleimhaut angelegt. Der Schleimhautrand der oralen Schicht wird etwas abgelöst, damit der freie Rand des Vomerlappens mit dem palatinalen Schleimhautrand der Spaltseite vernäht werden kann. Im übrigen wird die Gaumenschleimhaut nicht abgelöst.
Die Epithelseite des Vomerlappens liegt dann nasal; die Wundseite ist die orale Schicht, die der Sekundärheilung überlassen wird.
Beim Verschluß der Kiefer- und Hartgaumenspalte kann körpereigener Knochen eingelagert werden.
Bei Gaumenspalten hält sich die Wachstumsstörung durch die Operation in Grenzen, wenn der Alveolarfortsatz von der Spalte nicht betroffen ist.
Der operative Verschluß wird am Ende des ersten oder am Anfang des zweiten Lebensjahres vorgenommen.
Operation nach Langenbeck - Ernst - Veau - Axhausen:
Am harten Gaumen werden auf beiden Seiten Brückenlappen abgelöst, die im anterioren Bereich gestielt sind und dorsal in den weichen Gaumen übergehen. Im Spaltbereich liegen die Schnitte am Spaltrand zwischen oraler und nasaler Schleimhaut. Ein weiterer Schnitt wird auf dem Vomer angelegt. Nach Mobilisation der Vomerschleimhaut und der lateralen Nasenschleimhaut auf beiden Seiten wird die nasale Schicht vernäht. Bei der Mobilisation der Muskulatur des weichen Gaumens, wird insbesondere der M. levator veli palatini an seiner falschen Insertion am Hinterrand des harten Gaumens gelöst und mit dem entsprechenden Muskel der Gegenseite zur Levatorschlinge vernäht (Kriens). Abschließend erfolgt die Naht des weichen Gaumens in 3 Schichten.
Operation nach Widmaier:
Verlängerung des Gaumensegels durch 2 Lappen, die in den dorsalen Bereichen des harten Gaumens V-förmig umschnitten, ohne Periost abgelöst und mit der mobilisierten Muskulatur des weichen Gaumens im Sinne einer V-Y-Verschiebung nach dorsal verlagert werden.
Die Periostwundflächen in den dorsalen Bereichen des harten Gaumens werden der Heilung über die freie Granulation überlassen.
Bei einem modifizierten Verfahren nach Krüger wird die Schleimhaut des harten Gaumens nicht in die Operation einbezogen. Der Schnitt liegt hier am Hinterrand des harten Gaumens und wird weiter um das Tuber maxillare herumgeführt. Von diesem Schnitt aus wird die Schleimhaut des weichen Gaumens von der Gaumenmuskulatur abgelöst und bis in die Wange und die seitliche Pharynxwand unterminiert und mobilisiert. Nach Mobilisation der Gaumenmuskulatur einschließlich Ablösung des M. levator veli palatini und Bildung der Levatorschlinge wird der weiche Gaumen nach dorsal verlagert und dreischichtig vernäht. Die seitlichen Schleimhautdefekte können durch Verschiebung der mobilisierten Schleimhaut gedeckt werden.
Das Verfahren kann zum Verschluß isolierter Velumspalten oder nach vorherigem oder gleichzeitigem Verschluß der Lippe, des Kiefers und des harten Gaumens angewandt werden.
Staphylorrhapie nach Veau:
Der Spaltrand wird aufgeblättert und dreischichtig vernäht.
Das Verfahren, das auf die Mobilisation der Gaumenmuskulatur verzichtet, kann nur bei schmalen unvollständigen Spalten angewandt werden, bei denen die Wundränder ohne Spannung miteinander vernäht werden können und bei denen die Levatorschlinge intakt ist.
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