Die durch Plaque allein verursachte Gingivitis ist eine Entzündung des Zahnfleisches (Gingiva). Ihre Ursache ist weicher bakterieller Zahnbelag (Plaque). Fast jeder Mensch hat oder hatte schon einmal eine solche Gingivitis. Das Hauptsymptom der Gingivitis ist die Blutung. Selbst bei schonender Zahnbelagentfernung mit weicher Bürste oder auch ohne erkennbaren Anlass kann entzündete Gingiva bluten. Gesunde Gingiva zeichnet sich durch eine charakteristische Tüpfelung (Stippling) aus, ähnlich der Oberfläche einer Apfelsine. Der Verlust des Stipplings ist ein weiteres Symptom der Gingivitis.
Gesunde Gingiva ist blassrosa. Bei Entzündung wird der Farbton rötlicher. Außer bei sehr heftigen Verlaufsformen klagen Patienten bei entzündlichen Parodontalerkrankungen kaum über Schmerzen. Der Gingivitisbeginn scheint oft harmlos. Die Abbildung zeigt eine lokalisierte Gingivitis am Zahn 22 einer Siebzehnjährigen. Die angefärbte Plaqueansammlung wird begünstigt, weil der Zahn im Zahnbogen etwas zum Gaumen eingerückt steht.
Gegebenheiten, die eine Plaqueansammlung begünstigen, können sein: überstehende Füllungsränder, unzweckmäßiger Zahnersatz, große Zähne, Raumeinengung im hinteren Molarenbereich, Fehlstellungen von Zähnen. Ursache für Blutungen und Blutgefäßveränderungen bei einer Gingivitis sind die Bakterien bzw. deren Stoffwechselprodukte (z.B. Enzyme oder Toxine).
Für die körpereigene Abwehr sind Bakterien ein starker Reiz. Dieser führt wie überall im Körper zu einer Entzündung. Blutgefäße werden nicht nur weiter, sondern auch durchlässiger für Serum (Gewebeschwellung), aber auch für Leukozyten (z.B. Granulozyten).
Im weiteren Verlauf der Entzündung erweitern sich die Blutgefäße immer mehr. Dies führt zum Umschlag der Gingivafärbung. Der Abstand der Gefäßwand zur Plaque ist jetzt sehr gering. Geringste Berührung z.B. beim Putzen oder Essen führt nun zum Aufreißen der Gefäße – das Zahnfleisch blutet.
Die klinischen Symptome einer durch Plaqueansammlung entstandenen Gingivitis sind Rötung, Schwellung, Stippling-Verlust. Nach Entfernung von Plaque und Pigmentbelägen und einer Prophylaxeberatung zur Putztechnik bildete sich die Entzündung innerhalb einer Woche zurück.
Neben der Gingivitis, die allein durch die Anwesenheit von Plaque verursacht wird, gibt es Gingivitiden, die durch systemische (also den ganzen Organismus betreffende) Faktoren abgewandelt werden. Typisches Beispiel ist die Zahnfleischentzündung während der Schwangerschaft. Hormonelle Umbruchphasen (Pubertät, Menstruation, Schwangerschaft) beeinflussen das Immunsystem und führen zur Abwandlung entzündlicher Vorgänge an der Gingiva.
Auch Medikamente können eine plaquebedingte Gingivitis modifizieren. Am häufigsten kommen entzündlich-hyperplastische Veränderungen bei Antiepileptika (Medikamente bei Krampfleiden) und Ca-Kanal-Blockern (Herzmedikamente) vor. Diese verursachen eine Gingivawucherung (Gingivahyperplasie). Diese beginnt bei den Interdentalpapillen und führt zur Ausbildung von Pseudotaschen. Diese sind hervorragende Nischen für bakterielles Wachstum und können praktisch nicht gereinigt werden. Die mit einer Gewebevermehrung einhergehende Entzündung kann so stark sein, dass Zähne komplett von wuchernder Gingiva bedeckt sind. Orale Kontrazeptiva (z.B. „Antibabypille“) können eine Gingivitis ebenfalls verursachen bzw. verändern, da hierdurch eine hormonelle Umstellung mit Beeinflussung des Immunsystems erfolgt. Das gilt auch für bestimmte andere Medikamente.
Zur Untergruppe der durch systemische Erkrankungen modifizierten Gingivitiden zählen weiterhin solche bei zuckerkranken Patienten (Diabetes mellitus) und die bei Patienten mit Blutbildstörungen (z.B. Leukämie). Dennoch – der Diabetiker bekommt nicht zwangsläufig eine Gingivitis, nur weil er diese Grunderkrankung hat. Auch eine bei ihm auftretende plaquebedingte Gingivitis hat ihre Ursache in den bakteriellen Belägen. Nur können Bakterienansammlungen bei ihm eine deutlichere Entzündungsreaktion auslösen.
Plaquebedingte Gingivitiden, die durch Mangelernährung (z.B. chronische Unterversorgung mit den Vitaminen A, C und D) modifiziert sind, kommen in Europa selten vor.
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