AUF DER SICHEREN SEITE nur dort, wo ein Implantat mit dem Kiefer- knochen verwurzelt ist, wird der Knochen auch belastet und gefordert. Liegt an der entsprechenden Stelle eine Prothese oder eine Brücke auf, bildet sich der nicht mehr in Anspruch genommene Kieferknochen eher zurück. „Eine Herausforderung in unserer heutigen Zeit ist es, die Verweildauer der Implantate zu erhöhen“, sagt Dr. Georg Bach. Denn während der klassische Implantatpatient lange der rüstige Anfangsiebziger war, las- sen sich heute immer mehr junge Men- schen implantieren. Da geht es dann häu- figer um einzelne Zähne als um einen komplett zahnlosen Unterkiefer. „Hier be- schäftigt uns die Frage, wie wir es hinkrie- gen, dass ein Implantat nicht nur 20, sondern 30, 40 oder vielleicht sogar 50 Jah- re hält“, sagt Dr. Georg Bach. Trend zu weniger belastenden Operationen Um das Implantat zu setzen, wird unter örtlicher Betäubung im Zahnfleisch ein Zu- gangsloch für die Bohrung gelegt. Wo ge- nau und wie tief der Zahnarzt bohren muss, weiß er dank sorgfältiger Planung im Vorfeld. Röntgenaufnahmen oder dreidi- mensionale Aufnahmen mit dem digitalen Volumentomografen bieten Einblick in die dentalen Strukturen. Die Wurzel aus Titan oder Zirkondioxid wird eingesetzt und die Wunde in der Schleimhaut bei Bedarf mit sehr feinem Garn vernäht. Zwei bis acht Monate braucht das Implantat, um fest einzuheilen. Das geschieht schmerzfrei und in der Regel problemlos. Während die- ser Zeit trägt der Patient ein Provisorium auf der Wurzel. Nach der Einheilzeit wird die individuell angepasste Zahnkrone fest mit dem Implantat verbunden. „Der Trend geht ganz klar zu weniger belastenden Operationen“, sagt Dr. Georg Bach. „Statt großer Schnitte und offener Implantation wird heute oftmals durch die Schleimhaut durchgebohrt. Damit der Zahnarzt nicht blindlings agiert, helfen ihm Techniken wie die dentale Volumentomo- grafie. So entsteht ein 3-D-Bild des Kiefers, der Zahnarzt kann am Computer die Im- plantate virtuell setzen und dann in eine individuelle Schablone überführen. Das funktioniert sehr gut.“ Vor allem bei Front- zahnimplantaten bringe diese minimalin- vasive Technik viele Vorteile mit sich: klei- nere Wunden, weniger Blutverlust, weniger Schmerzen, in der Regel keine unange- nehmen Überraschungen beim Bohren, we- niger Komplikationen beim Einheilen. Sie bedeutet allerdings auch einen hohen Auf- wand für den Zahnarzt, der Zeit in die vir- tuelle Implantatplanung und eine entspre- chende Ausbildung im Umgang mit dieser speziellen Software investieren muss. Das wiederum macht Implantate, die mit digi- talen Verfahren gesetzt werden, teurer ge- genüber den mit der herkömmlichen Me- thode gesetzten. Fehlende Knochensubstanz kann aufgebaut werden Implantate im Frontzahnbereich sind in der Regel sogenannte Bone-Level-Implantate. „Das ist ästhetisch wichtig, dass die Front- zähne richtig schön aus dem Zahnfleisch kommen“, erklärt Dr. Georg Bach. Bei Sei- tenzahnimplantaten sei es weniger drama- tisch, wenn man ganz unten einen kleinen Metallrand sehe. Der Vorteil dieser soge- nannten Tissue-Level-Implantate sei, dass man sie besser als Bone-Level-Implantate auf Entzündungen am Zahnfleisch kontrol- lieren könne. Die wichtigste Voraussetzung für den Ein- satz eines Implantats ist genügend Kno- chensubstanz. Gerade dann, wenn die Lü- cke längere Zeit besteht oder mit einer Prothese oder Brücke verschlossen worden ist, bildet sich der Knochen schnell zurück, FOTOS:FOTOLIA|ISTOCKPHOTO SCHÖN ANZUSCHAUEN: Implantate sind oft kaum von echten Zähnen zu unterscheiden. OSSEOINTEGRATION Fest miteinander verwachsen Der langfristige Erfolg einer Implantatversorgung steht und fällt mit der Verankerung der künstlichen Zahn- wurzel im Knochen. Je besser das Implantat einheilt, umso belastbarer ist es im Alltag. Diese Einheilung heißt Osseointegration – der Begriff setzt sich aus den lateinischen Worten für Knochen (Os) und einbinden (integrare) zusammen. Entdeckt hat die Osseointegration der schwedische Wissenschaft- ler und Chirurg Per-Ingvar Brånemark. 1953 bemerkte er während seiner Forschungsarbei- ten, dass das Leichtmetall Titan und lebendes Knochengewebe eine stabile Verbindung miteinander eingehen. Zwölf Jahre später pflanzte er zum ersten Mal einem Menschen ein Zahnimplantat aus Titan ein. Der knöcherne Heilungsprozess ist recht komplex. Die Knochenzellen wachsen nach der Wundheilung an das Implantat heran und heften sich an seine Oberfläche. Dadurch wird die gewünschte Stabilität erreicht. Experten sprechen von einer Primär- und einer Sekundärstabilität. Die Primärstabilität wird mit dem Eindrehen des Implantatgewindes in den Kiefer hergestellt, wenn sich der Knochen mit der rauen Oberflä- che des Implantats quasi verzahnt. Die Sekundärstabilität entwickelt sich in den folgenden Wochen und Monaten, wenn das Implantat einheilt. Wie gut das vonstatten geht, ist unter anderem abhängig von der Primärstabilität, den biologischen Eigenschaften des Knochens und der gewählten Implantatoberfläche. 14 IHR PATIENTENMAGAZIN